Ein Buch wie eine Therapie
Es war das erste Buch, das ich in diesem Jahr gelesen hatte, und gleich so ein wunderbarer Einstieg.
Lori Gottlieb ist Psychotherapeutin, jedoch erst über Umwege zu diesem, ihrem Traumjob gekommen. Als ihr Freund mit ihr Schluss macht, bei dem sie gedacht hätte, dass die Beziehung für immer hält, gerät sie in eine kleine Lebenskrise. Sie kommt zu dem Schluss:
Sie als Therapeutin braucht einen Therapeuten.
Und erfährt dann in ihrer eigenen Therapie, wie selbst viele ihrer Patient:innen vorher schon durch sie erfahren haben: Hinter einem augenscheinlichen Problem steckt meist etwas ganz anderes, etwas viel Tieferes und viel Größeres. Und das gilt es, herauszufinden und zu bearbeiten, um wieder frei sein zu können.
Gottlieb erzählt mit viel Charme, Witz und Emotion von ihrer eigenen Therapie und von der ihrer Patient:innen. Sie erklärt der Leserin und dem Leser ganz nebenbei, warum man manchmal eine Therapie braucht, was dafür nötig ist und was man tun muss, damit diese auch fruchtet.
Bei den vielen Beispielen, die sie gibt, war einiges dabei, das mich an mich selbst erinnert hat, in verschiedenen Situationen oder Lebensphasen oder auch noch aktuell. Man erfährt in ihrem Buch viel über sich selbst, über andere und warum man so tickt, wie man tickt. Und dass man niemanden vorverurteilen sollte, dessen Geschichte man nicht kennt.
Einer meiner Augenöffner war die Erkenntnis, dass nicht nur ich Menschen in meinem Leben getroffen habe, die mich geprägt haben und die immer in meiner Erinnerung sein werden, ob positiv oder negativ, sondern auch ich habe vielleicht andere geprägt und werde immer in ihren Erinnerungen sein – ob positiv oder negativ. Diese Perspektive hatte ich bisher noch nicht eingenommen.
Wer dieses Buch gelesen hat, braucht keine Therapie mehr oder aber ist der Ansicht, dass er sich dringend in eine begeben sollte.
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